Sonntag, 7. Juni 2020

[Rezension] Eragon




Titel:
Eragon
Autor:
Christopher Paolini
Übersetzer:
Joannis Stefandis
Verlag:
Blanvalet
veröffentlicht:
München 2008
12. Auflage
Original :
Eragon, 1946
ISBN:
978-3-442-37010-8
Seiten:
725
Preis:
9,95€

Grober Inhalt:
Typischste Fantasy-Saga der letzten Jahre. Ein Junge und sein Drache kämpfen mit Magie und Rebellen gegen einen bösen und (fast) unbesiegbaren König mit seinem bösen und (fast) unbesiegbaren Drachen.
Cover des Buches

Wahrscheinlich hat mittlerweile jeder von diesem Buch gehört; das Paradebeispiel moderner Fantasy-Lektüre, in der Drachen vorkommen.

Ich kann »Eragon« nicht leiden.

»Irving!«

»Was denn? Ich habe nur gesagt, dass ich das Buch nicht mag!«

»Ja, du könntest es aber auch etwas freundlicher sagen!«

»… ich will nur ehrlich sein.«

Vermutlich weißt du das schon, aber in »Eragon« geht es um die Geschichte eines Menschen (Eragon) und eines Drachen (Saphira), die einen bösen König (Galbatorix) besiegen müssen. Was folgt, ist ein Fantasy-Kampf der Extraklasse: inklusive Elfen, Zwerge und Drachen. Und Werkatzen. Und komische Stierwesen, die mich an den Minotaurus erinnern. Ein riesiger Bürgerkrieg zwischen dem bösen Klischee-König und den Widerständlern; kurz: ein ziemlich vorhersehbarer Roman mit ziemlich vorhersehbarem Ende.

Auf 4000 Seiten.

»War das jetzt deine ganze Inhaltszusammenfassung?«

»Wieso?«

»Du hast doch ganz viel herausgelassen!«

»Zum Beispiel den Teil mit den Prophezeiungen, die so offensichtlich sind, dass ich sie sofort verstanden habe; inklusive der Andeutung, dass meine Lieblingsperson gleich im ersten Band sterben wird?«

»Nein, zum Beispiel die wirklich schöne Romanze, die der Autor…«

»Ich habe noch nie eine so gefühlslose, peinliche Romanze gelesen wie die in diesem Buch.«

»Was hast du denn schon für Romanzen gelesen? Du hast doch gar keine Ahnung von so etwas. Ich finde, Christopher Paolini macht das in seinem Roman sehr schön. Und sehr konsequent. Und peinlich ist es auch nicht.«

»Ein bisschen schon.«

»… nur ein bisschen, ja. Aber auch nur manchmal.«

Da sind wir auch schon bei den Hauptfiguren: Neben dem charakterlosen Eragon ohne Vergangenheit, Erinnerungen oder tiefere Wünsche gibt es natürlich auch Saphira, die Drachendame, die mit ihrem halben Jahr (oder wie jung auch immer sie ist) schon erwachsener reagiert als Eragon. Dann gibt es noch Murtagh, den rätselhaften Begleiter, und Brom, die Mentoren-Figur.

Aber so wichtig ist die Unterteilung in Figuren auch gar nicht. Sie klingen sowieso alle gleich, handeln gleich und denken gleich. Vermutlich sogar das Gleiche.

»Du hast Arya vergessen.«

»Das stimmt nicht. Ich habe sie nicht vergessen, ich habe sie absichtlich herausgelassen.«

»Ich mag sie.«

»Schön, dass wir das geklärt hätten.«

»Nein, wirklich. Ich finde, sie ist eine interessante, konsequente Figur, die eigenständig handelt und authentisch wirkt.«

»Hm.«

»Und es gibt noch diese Hexe, in dem-«

»Oooh nein, komm mir nicht mit Angela. Bitte.«

»Doch. Sie und ihre Katze, die beiden sind auch ganz nett.«

»Die einzigen. Mit meiner Lieblingsfigur.«

»Also gibt es doch ganz nette Figuren.«

Wie auch immer, der Schreibstil ist miserabel. Das heißt; miserabel möchte ich ihn nicht nennen, aber er ist sehr langweilig. Wirklich sehr langweilig.

»Detailliert. Schreib' ›detailliert‹, das klingt positiver.«

Die unzähligen Details ärgern den Leser mehr, als sie ihm nützen, geschweige denn die Welt oder die Handlung interessanter machen könnten. Generell ist die Handlung ja relativ interessant. Auch sehr ausgeschmückt. Es hätte gereicht, die Inhaltszusammenfassung abzutippen, und es wäre ein ganzes Buch geworden. Stattdessen schweift Paolini 4000 Seiten lang zu irgendwelchen Details, die das Buch fast schon naturalistisch wirken lassen.

Unangenehm naturalistisch, wohlbemerkt.

»Es schafft aber auch eine schöne Stimmung.«

»Die schöne Stimmung hätte man auch schneller erschaffen können.«

»Ja. Aber das ist doch gerade der Reiz an diesem Buch.«

Der Reiz an ›Eragon‹ besteht in der Handlung. Wenn es einen Reiz gibt. Tatsächlich ist der Ausgang schon von Anfang an absehbar - aber wer wird alles überleben? Und wie schaffen sie es? Die einzigen zwei Fragen, die ich mir beim Lesen gestellt habe.

… beim Überfliegen. Ich korrigiere mich.

»Siehst du? Du kannst das Buch doch gar nicht richtig bewerten, wenn…«

»Überflogen habe ich erst beim zweiten Buch. Das erste war schon unerträglich langatmig. Vor Allem dieses Kapitel, in dem es Ewigkeiten darum geht, wie Saphira und Eragon durch einen Sturm fliegen. Zumal die Szene für den Rest des Buchs total unnötig war.«

Empfehlen kann ich dir »Eragon« also nicht. Die Inhaltszusammenfassung ist wahrscheinlich interessanter als das Buch; auf jeden Fall spannender. Die Handlung ist ganz nett. Auch die flachen Figuren.

… aber dieser Schreibstil…!



Mit freundlichen Grüßen,
Irving

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