Sonntag, 28. März 2021

[Rezension] Die 13½ Leben des Käpt'n Blaubär




Titel:
Die 13½ Leben des Käpt'n Blaubär
Autor:
Käpt'n Blaubär
Übersetzer:
Walter Moers

Verlag:
Wilhelm Goldberg Verlag
veröffentlicht:
München 2002
31. Auflage
ISBN:
978-3-442-45381-8
Seiten:
703
Preis:
10€

Grober Inhalt:
Die skurrile (Auto-)Biografie eines Seebären, der auf seinem Weg nach Atlantis eine Menge Abenteuer erlebt - eines verrückter als das nächste.
Cover des Buches
Hallo!

Ich bin wieder da! Mit einem neuen Buch! Und du glaubst es nicht, aber - es ist schon wieder von Walter Moers!

Wahrscheinlich hast du schon einmal von Käpt'n Blaubär gehört - von diesem Geschichtenerzähler aus der Kindersendung, der immer irgendetwas zusammenlügt und sich einen Spaß daraus macht, verrückte Dinge zu erfinden.

So ähnlich ist auch dieser Käpt'n Blaubär, mit einem Unterschied: Sein Buch ist nicht für Kinder. Im Gegenteil: Eigentlich ist »Die 13 1/2 Leben des Käpt'n Blaubär« für jeden, nur nicht für Kinder. Dafür ist es zu verrückt.

Um ehrlich zu sein, kann man nämlich gar nicht richtig sagen, was in »Die 13 1/2 Leben des Käpt'n Blaubär« überhaupt passiert, so verrückt ist alles. Von einem Zwergpiratenschiff bis zum größten Schiff der Welt ist eigentlich alles dabei - von Rettungssauriern bis zu fliegenden Kakertratten - ja, selbst vom wohl dümmsten Lebewesen ganz Zamoniens bis zum siebengehirnigen Abdul Nachtigaller kann man alle Zwischenstufen finden.

Nur so viel lässt sich sagen: Blaubär möchte nach Atlantis. Atlantis ist die Hauptstadt von Zamonien - aber dafür, dass sie die Hauptstadt ist, ist sie ziemlich schwer zu erreichen, er braucht nämlich einige Leben dazu. Es kommen ja auch einige Dinge dazwischen: Ein Finsterberggewitter, die süße Wüste, ein kilometergroßer Riese … all die Dinge, denen man eigentlich nicht begegnen möchte. Und das alles anschaulich beschrieben (mithilfe von Lexikoneinträgen) und kleinen Illustrationen.

… aber es ist kein Bilderbuch! Moers ist bekannt für seine Illustrationen, das ist also Kunst, ja? Kein Bilderbuch für Kinder. (Abgesehen davon, mal ganz ehrlich: Wer hat überhaupt etwas gegen ein paar schöne Zeichnungen?)

Es gibt zehntausend Gründe, dieses Buch zu lesen - ich habe sie alle nachgezählt. (In Wahrheit sind es sogar ein bisschen mehr. 11 386, um genau zu sein.) Aber ich will mich kurz fassen. Hier also eine Liste der Wichtigsten.

»Die 13 1/2 Leben des Käpt'n Blaubär« muss man gelesen haben, weil:
- es fantasievoller ist als jedes andere Buch (dafür lege ich eine Pfote ins Feuer!) (Ach was, zwei Pfoten!)
- es deine Fantasie beflügelt und damit deinen Horizontes erweitert
- es so witzig und humorvoll ist wie kein anderes Buch
- es relativ preisgünstig ist (10 Euro für ein gutes Buch mit 700 Seiten)
- es sehr witzig ist und dich zum Lachen bringt
- sehr schöne Bilder darin sind
- Wissen ist Nacht!!!
- es einen einzigartigen Schreibstil hat (den unvergleichlichen Moers-Schreibstil)
- es voller Anspielungen ist, auf reale Dinge, und dadurch witzig wird
- es spannend ist
- jedes Motiv im Buch immer wieder aufgegriffen wird und trotz der unübersichtlichen Menge genau dort steht, wo es hingehört
- die Handlungen ineinander übergreifen und sich dieses riesige Fadenbündel, das am Anfang da war, am Ende zu einem genialen Schluss führt
(- habe ich schon gesagt, dass es witzig ist?)
- du mit Sicherheit Die Stadt der Träumenden Bücher vom gleichen Autor auch mochtest, und...

... ja, »Die Stadt der Träumenden Bücher« und »Die 13 1/2 Leben des Käpt'n Blaubär« sind sich ziemlich ähnlich. Zugegeben, ich finde das als bekennender Mythenmetz-Fan natürlich nicht schlimm (im Gegenteil, ich habe das Buch verschlungen!) - aber gleichzeitig muss ich auch zugeben, dass »Die Stadt der Träumenden Bücher« mir ein wenig besser gefallen hat. Einfach, weil es mehr mit Büchern zutun hatte und weniger mit - naja, weniger mit allem. Käpt'n Blaubär spricht nun einmal wirklich alles an.
… was es natürlich auch für eine bibliophile Bücherkatze wie mich interessant macht, oder?

Ich muss schon zugeben, der Schreibstil Moers' ist natürlich unbestritten sehr schön, seine Kreativität und generell ganz Zamonien sind mehr als beeindruckend. Mich hat das Buch trotzdem enttäuscht. Auf einer anderen Ebene allerdings, nämlich, weil Blaubär fast 1 zu 1 wie Mythenmetz zu sein scheint.
… aber naja. Solange das eine schöne Figurenvorlage ist, kann er sie meinetwegen auch kopieren.


Die wissenschaftlichen Fakten waren natürlich alle falsch; aber wollen wir einmal nicht so sein. Immer nur streng und ernst zu bleiben, hilft ja auch niemandem; ein bisschen kann man auch über die Wissenschaft lachen...
… Moment, habe ich das gerade wirklich gesagt?


Es ist jedenfalls nicht so mein Fall. Vielleicht bin ich schon zu alt für so etwas, aber irgendwie war mir keine einzige Person im ganzen Buch sympathisch (bis auf das Einhorn - das leider nur ein einziges mal vorkommt). Teilweise sind Moers' Ausschweifungen wirklich schwer zu ertragen … mein Fall ist es also nicht.


Das Buch lohnt sich für Leute, die die Bücher des Autoren mögen. Meinen Geschmack trifft es aber ganz und gar nicht, da es zu speziell, zu viel und zu verwirrend war. Dir wurde ganz viel hingeschmissen und du musstest dich durch so verrückte Sachen durchfinden, dass man mindestens genauso high wie der Autor sein muss, um das noch zu verstehen.


Ich persönlich kann dir »Die 13 1/2 Leben des Käpt'n Blaubär« aber nur wärmstens empfehlen. Egal, ob du alt bist oder jung - wenn du ein bisschen Fantasie mitbringst, wird dich »Die 13 1/2 Leben des Käpt'n Blaubär« in andere Sphären heben…
… Wenn du verstehst, was ich meine. ;D 

Dein Yuki

Sonntag, 21. März 2021

[Rezension] Das Labyrinth der Träumenden Bücher




Titel:
Das Labyrinth der Träumenden Bücher
Autor:
Hildegunst von Mythenmetz ;D
Übersetzer:
Walter Moers
Verlag:
Albrecht Knaus Verlag
veröffentlicht:
München 2018
1. Auflage
ISBN:
978-3-813-50393-7
Seiten:
432
Preis:
15€

Grober Inhalt:
Mythenmetz bekommt einen mysteriösen Brief und kehrt nach 200 Jahren nach Buchhaim zurück, um ihm auf die Spur zu gehen.
Cover des Buches

Liebster Leser,

Hallo!

 Ja, du siehst richtig! Endlich habe ich den zweiten Band der Lieblingsbuchreihe meines Lieblingsautors verschlungen - und zwar in Buchform, nicht als Hörspiel. Zugegeben, vielleicht nicht die klügste Entscheidung. Aber naja, jetzt ist es auch zu spät.

»Das Labyrinth der Träumenden Bücher« ist, wie der Name schon anklingen lässt, der zweite Teil von »Die Stadt der Träumenden Bücher« und handelt wieder von unserem zamonischen Lieblingsschriftsteller Hildegunst von Mythenmetz. In den 200 Jahren, die seit dem ersten Band vergangen sind (keine Sorge, Hildegunst lebt noch - Lindwürmer können schließlich bis zu 1000 Jahre alt werden), hat sich allerdings Einiges geändert: Zum Beispiel ist er längst nicht mehr der unbekannte Neuling, der sich überall vorstellen muss. Nein, mittlerweile muss er sich sogar verstecken, wenn er nicht erkannt werden möchte. Seine Bücher verkaufen sich wie warme Semmeln und Mythenmetz kann sich Streußelschnecken mit Schokoladenfüllung als Zwischensnack leisten - leider ist nicht nur sein Portemonnaie dicker geworden, sondern auch er selber. Und allem voran, sein Ego.

Schon in »Die Stadt der Träumenden Bücher« ist unser Lieblingslindwurm eigentlich ja schon ziemlich ... naja, arrogant, aber mit dem Erfolg und all den Fanbriefen, die ihn täglich erreichen (es sind so viele, dass er damit heizen kann), lässt er bald gar keine Kritik mehr an sich heran. Was natürlich verheerende Folgen hat: Nicht nur seine literarische Qualität, auch seine Beliebtheit sinkt immer weiter.

Wie auch immer, zu Beginn erreicht ihn ein mysteriöser Brief und ruft ihn nach Buchhaim - in die Stadt, die er seit 200 Jahren meidet, aus Angst vor den Katakomben. Buchhaim ist längst nicht mehr das, was es früher einmal war. Ich möchte gar nicht so genau ausführen, was, aber … nun ja, sagen wir, die Stadt hat sich ein wenig umorientiert. Bücher sind nach wie vor wichtig, aber jetzt hat auch das Theater die Stadt erobert.

… was mich ein wenig enttäuscht hat. Buchhaim lebte für mich durch seinen mittelalterlichen Charme und seine einzigartige bibliophile Welt - was jetzt beides nicht mehr da ist. Stattdessen findet sich eine recht moderne Stadt (also, vergleichsweise modern, Autos oder so etwas gibt es natürlich immer noch nicht), in der Bücher gar keine sooo große Rolle mehr spielen.

Für Theater-Fans sicher der Himmel auf Erden.
Es hat wirklich alles mit Theater zu tun. Du weißt, wie sehr ich Moers' Bücher liebe und wie sehr ich Mythenmetz'sche Abschweifungen vergöttere, aber hier hat er es etwas zu sehr übertrieben. Teilweise hatte ich absolut gar keine Lust mehr, das Buch überhaupt noch weiterzulesen. Zumal Mythenmetz' Figur auch bei Weitem nicht mehr so lebendig und spritzig herüberkommt wie noch im ersten Band. Damals war seine etwas herablassende, ziemlich eingebildete Art meistens ziemlich lustig anzusehen. Im zweiten Band ist es eigentlich nur noch anstrengend.
... was vielleicht daran liegen könnte, dass ich das Buch diesmal gelesen und nicht gehört habe.

Aber auch der Handlungsbogen gefällt mir nicht so gut wie in »Die Stadt der Träumenden Bücher«. Im Prinzip ist von Anfang an absehbar, was passieren wird, und abgesehen davon ist es nicht so schön abgeschlossen wie der erste Teil; es endet nämlich genau in der Mitte (und der letzte Band ist noch nicht herausgekommen … wie kann Moers uns das nur zumuten...). Spannend ist es also nicht wirklich, die Hauptfigur hat sich sehr ins Schlechte entwickelt und … der erste Teil war so perfekt abgeschlossen! Warum gibt es überhaupt einen zweiten?
 
Gut, es ist nicht alles schlecht, an diesem Buch. Im Gegenteil, eigentlich, es ist immer noch ziemlich witzig und amüsant, fantasievoll und am Anfang wird angedeutet, dass der Schattenkönig noch lebt, es gibt also Grund zur Hoffnung. Also eigentlich gar nicht sooo schlecht. Nur auch nicht so gut. Sagen wir: Ich würde es nicht noch einmal lesen.

… nicht in den nächsten zwei Wochen, jedenfalls.


Die Entwicklungen, die du beschreibst, lassen sich allerdings sehr gut rechtfertigen; schließlich ist Mythenmetz seit »Die Stadt der Träumenden Bücher« 200 Jahre älter geworden, erwachsen, könnte man sagen, und er gibt selbst zu, arrogant geworden zu sein. Was hast du gegen das Theater? Es ist nur verständlich, dass sich auch Buchhaim geändert hat - immerhin ist die Stadt gänzlich abgebrannt. Es wäre seltsam, wenn es danach immer noch die gleiche Stadt wäre.



Abgesehen davon ist es auch ganz nett, einmal etwas Neues zu lesen. So sehr ich die Bücherstadt mochte - nichts ist ewig, und wenn man einen zweiten Band will, der genauso ist wie der erste, kann man schließlich auch den ersten nochmal lesen. Wenn du mich fragst, ist »Das Labyrinth der Träumenden Bücher« eine hübsche Fortsetzung geworden, die die alte Geschichte auf eine neue Art weiterführt.




Vielleicht ist das Hörbuch weniger langwierig als das Buch? Mir war es auch ja zu langgestreckt, das wäre bei einem Hörbuch sicher nicht ganz so schlimm gewesen. Ein gutes Viertel des Buchs verbringt er beispielsweise damit, sich im Theater ein Stück anzusehen, das im Prinzip die gesamte Handlung des ersten Teils als Musical wiedergibt … phasenweise war es wirklich unglaublich in die Länge gezogen und einfach langweilig. Ganz anders als das Trompaunenkonzert davor, oder die unzähligen Schilderungen von Mythenmetz' Alltag in den komischsten Regionen des Labyrinths...




Für mich ist das ein ganz klarer Fall von überflüssigem Lesestoff. Der erste Band war schon nicht mein Lieblingsbuch, der zweite ist noch weniger. Wenn man zusammenhangslosen Quatsch sucht, ist man hier an der richtigen Stelle, aber mir war das zu viel des Guten. Abgesehen davon waren fast alle »Überraschungen« schon von Anfang an offensichtlich und zu erwarten.


Dein Yuki