Sonntag, 27. September 2020

[Rezension] Der Trotzkopf




Titel:
Der Trotzkopf
Autor:
Emmy von Rhoden
Verlag:
Fischer Taschenbuch Verlag
veröffentlicht:
Frankfurt am Main, 2012
ISBN:
978-3-596-90491-4
Seiten:
249
Preis:
8,99€

Grober Inhalt:
Das widerspenstige, sozialunverträgliche Mädchen Ilse wird in ein Mädcheninternat geschickt, um dort Höflichkeit und Benehmen zu lernen - ein schwieriges Unterfangen, das nicht ohne Zwischenfälle bleibt.
Cover des Buches
Deutschland, Mitte des 19. Jahrhunderts: Die kleine Ilse soll auf ein Mädcheninternat gehen. Warum? Weil sie ein Trotzkopf ist. Seit dem Tod ihrer Mutter hat sie bei ihrem geliebten Vater vor Allem eins gelernt: wenn sie nur frech genug ist, bekommt sie am Ende ihren Willen. Und genau so verhält sie sich auch. Ungezogen, vorlaut und widerspenstig. Wie soll aus diesem Kind nur jemals eine ordentliche Dame werden?

Zugegeben, als ich das gehört habe, dachte ich gleich an Emanzipation. Frauenrechte waren 1850 noch nicht an der Tagesordnung, im Gegenteil. Frauen sollten hübsch aussehen und vornehm sprechen - einen eigenen Charakter zu haben, gehörte nicht dazu. Und »Der Trotzkopf« wirkt, als wolle man einer niedlichen, kleinen, emanzipierten Ilse diesen Charakter austreiben und sie in die Fesseln der Gesellschaft zurückdrängen, einmal bildlich gesprochen.

Keine Sorge: So schlimm ist es nicht. Ilse soll umerzogen werden, ja, und sie soll sich etwas anpassen, aber nicht, weil sie eigenständig denkt oder souverän handelt, sondern, weil sie so ziemlich das nervigste, eigensüchtigste und respektloseste Kind der ganzen Welt ist. Wäre Ilse ein Junge gewesen, hätte die Handlung sicher ähnlich ausgesehen - mit verletzten Frauenrechten hat das Ganze also wenig zutun.

Worum geht es dann? Größtenteils darum, Ilse zu einem verträglichen Menschen zu machen, der Mitleid kennt und auch darüber nachdenkt, was andere vielleicht fühlen. Dabei begleitet man sie als Leser durch ihre Internatszeit - keine allzu spannende Handlung, aber es gibt einige süße, wenn auch einfache Figuren, wegen denen man das Buch trotzdem ins Herz schließen kann.

Nelli beispielsweise, ein niedliche englisches Mädchen, das unsterblich in ihren Lehrer, Dr. Althoff, verliebt ist. Ebenfalls in ihn verliebt ist Flora, die kleine Dichterin. Insgesamt ist außer Ilse fast jedes Mädchen dort in Althoff verliebt - er wird als wirklich sympathisch beschrieben. Abgesehen davon ist er auch noch nicht so alt und die Mädchen sind nicht mehr so jung, dass es seltsam wirken könnte. [.-. wie alt sind denn beide Parteien? Nicht, dass solche Beziehungen an sich zu vertreten sind...]

Außerdem gibt es Lilli, das kleine, fröhliche Kind, das von ihrer Mutter auf das Internat geschickt wurde, damit die Mutter arbeiten gehen kann. Unterschwellig schwingt hier vielleicht die Kritik mit, dass Mütter sich - der Autorin nach - gefälligst um ihre Kinder kümmern sollten, statt arbeiten zu gehen; aber wenn man einmal davon absieht, ist ihre Geschichte wirklich sehr mitreißend und traurig. Sehr traurig, wenn man bedenkt, dass…

… aber ich will ja nicht zu viel verraten. Die Handlungen lassen sich kaum vorhersehen und überraschen den Leser ziemlich - da möchte man ja nicht zu viel ausplaudern.

Da sind wir auch schon bei dem Problem an »Der Trotzkopf«: Die Handlung lässt sich kaum voraussehen. Nicht so wie in einem Krimi, in dem am Ende alles zusammenkommt und man sich denkt, »Oh! Das hätte ich jetzt aber nicht erwartet. Was für ein genialer Schachzug« - eher so, dass es zufällig wirkt. Zufällig ist, sogar. Zufällig und bitter und sehr radikal, weil dieser eine Zufall die Handlung des halben Buchs verursacht.

Andererseits ist das Leben manchmal zufällig - und »Der Trotzkopf« ist ein Roman aus dem 19. Jahrhundert, wo, nun ja, ›solche Dinge‹ durchaus ziemlich schnell passieren konnten.

Insgesamt wirkt das Buch wie aus dem 1850er-Alltag geschnitten: Es gibt keine großen Familiengeheimnisse, keine riesigen Intrigen und keine unglaublichen Liebesgeschichten. Es ist einfach - das Leben. Das ganz normale Leben in einem ganz normalen Internat. Und damit kannte sich die Autorin am besten aus, schließlich lebte sie selbst um 1850 ihr ganz normales Leben, was den Roman ungefähr zu den glaubwürdigsten macht, die man überhaupt finden kann.

Auch die Sprache ist wie aus dem Alltag des 19. Jahrhunderts geschnitten - nicht zu kompliziert, an manchen Stellen ein wenig altertümlich, aber einfach zu verstehen und schnell zu lesen.


Ich würde es eher als »langweilig« beschreiben. Das Buch hat schon keinen Inhalt, und dann hat die Sprache auch noch keinen Stil … plus die zufälligen Ereignisse und das Ende, das vollkommen ohne Zusammenhang zu dem davor einfach nur einen zweiten Teil anregen soll. Nein, danke.

Dafür erhält man einen guten Einblick in den Alltag von 1850. Amira hat schon recht - es ist keine herausragende Handlung da, aber die braucht es auch nicht, wenn es darum geht, in eine frühere Welt zu gelangen.





Man kann das Buch zur Hand nehmen, wenn man langweilige Anekdoten aus dem Alltag von Menschen im 19. Jahrhundert lesen möchte. Will man aber nur den kleinsten Hauch Spannung in seinem Buch, dann greift man lieber zu etwas anderem.






Mir war das Buch [auch] zu langweilig. Mädchen auf einem Mädcheninternat, auf dem nichts anderes passiert als dass Flora ein Gedicht an Dr. Althoff schreibt und Dr. Althoff Flora nicht mag - ich weiß nicht.


Dass es gar keine Handlung gäbe, würde ich trotzdem nicht ganz sagen: Die unterschiedlichen Figuren, auch aus Erzählungen, treffen im Verlauf des Buchs zusammen und es ergeben sich wirklich schöne Zusammenhänge. Natürlich, ein Großteil davon besteht aus Klischees. Trotzdem - irgendwie ist es niedlich, dieses Buch zu lesen. Auch wenn Irving recht hat und das Ende nur dazu da ist, einen zweiten Teil zu rechtfertigen; ich mag es, und ich hoffe, du wirst es auch mögen.

Liebste Grüße,

Deine Amira

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