Mittwoch, 5. Februar 2020

[Rezension] QualityLand




Titel:
QualityLand
Autor:
Marc-Uwe Kling
Verlag:
Ullstein Buchverlage GmbH
veröffentlicht:
Berlin 2017
6. Auflage, dunkle Edition
Seiten:
379
Preis:
18€
ISBN:
978-3-550-05015-2

Grober Inhalt:
Zukunftssatire-Dystopie über das »QualityLand«, in dem ziemlich alles von Firmen, dem Internet und von Algorithmen gesteuert wird. Die Geschichte eines Menschen am Abgrund der Gesellschaft, eines Präsidenten-Roboters und eines Abgeordneten.
Cover des Buches

Woran denkst du, wenn du den Namen ›Marc-Uwe Kling‹ hörst? Vermutlich an ein Känguru. Vielleicht noch an den linksorientierten Kleinkünstler…

… aber sicher nicht an einen Maschinenentsorger. Und ich muss zugeben, das hat wahrscheinlich auch Gründe - Einerseits, natürlich, dass du das Buch nicht kennst, aber noch viel mehr, dass man das Buch auch … nun ja, sagen wir mal, in seiner literarischen Qualität etwas streitwürdig ist. (Und das, obwohl der Titel »QualityLand« so qualitätsversprechend klingt.)

Es fängt schon bei der Handlung an.

Grundsätzlich erzählt Marc-Uwe Kling drei Geschichten parallel, von denen zwar sicher ist, dass alle drei in der gleichen Zeit spielen, aber nicht, ob sie später zusammentreffen oder nicht. (Vielleicht parallel also.)

Die erste handelt von Peter Arbeitsloser. Peter betreibt eine Schrottpresse, weil seine eigentliche Ausbildung durch die ›Konsumschutzgesetze‹ unnütz wurde: Denn seit es verboten ist, Maschinen zu reparieren, braucht es auch keinen Maschinenseelsorger mehr; nur noch Entsorger.

Dieser Peter hat eine Reihe von Problemen: Zum Beispiel hat sich seine Freundin von ihm getrennt, weil QualityPartner ihr das empfohlen hat. Damit ist er auf ›Level 9‹ abgestiegen und zählt nun zu den ›Nutzlosen‹. Sein größtes Problem ist aber, dass er einen rosa Delfinvibrator geschickt bekommen hat.

… ich will gar nicht so viel von der Handlung verraten. (Nur zur Beruhigung: Man hätte auch jedes beliebige andere Objekt nehmen können. Peter möchte diesen Gegenstand nämlich überhaupt nicht besitzen.)

Abgesehen von ein bisschen Handlung hier und da lässt sich Peter mit einem Wort ziemlich genau beschreiben: er ist langweilig. Gähnend langweilig. Er denkt nichts, er fühlt nichts, und das Leben, welches er lebt, ist genauso grau wie das Cover des Buchs. Ja, meinetwegen, ein Leitmotiv in QualityLand ist, dass die Menschen immer maschineller werden (und die Maschinen immer menschlicher); aber wirklich jede Figur ist so. In jedem Moment. In jedem Satz. In jeder Handlung, und das ganze 379 Seiten lang.

... mit Verlaub, anstrengend ist das schon.

Ich hatte ja mehrere Figuren versprochen, und eine andere Figur ist John of us. John of us ist eine künstliche Intelligenz, das heißt, er ist jedenfalls künstlich und intelligent, und John of us möchte Präsident werden und die Welt zu retten - kurz formuliert. Außerdem ist er sehr seltsam, ziemlich rational und, dem Leitmotiv ganz zum Trotz, nicht viel menschlicher als Peter. Obwohl er ja eine Maschine ist.

Und dann gibt es Martyn Aufsichtsrat-Stiftungspräsident-Berater-im-Präsidialamt-Vorstand. Martyn in drei Worten: widerlich, ekelhaft und pervers.

Jetzt dürftest du alles wissen. Herzlich willkommen in der Welt von QualityLand!

… nein. Das Buch ist nicht ganz so schlecht, wie es gerade vielleicht klingen mag. Ich fand es sogar … sagen wir, in Ordnung, und das muss schon etwas heißen. Erst recht bei diesen Hauptfiguren.

Und das liegt größtenteils daran, dass die Fakten so unglaublich wunderbar herausgesucht sind: Sie zeigen uns genau das, was wir wissen sollten, worüber wir reflektieren müssten; und genau das, was wir gar nicht so genau erfahren möchten. Ich meine - Nicht, dass ich mich nie mit dem Thema Algorithmen beschäftigt hätte, oder mich nie gefragt hätte, was mit meinen Daten geschieht. Aber, nun ja, sagen wir, es gerät mit der Zeit aus dem Auge und Sinn. Was sollen all die Firmen schon mit meinen Daten anfangen? Mich mit personalisierter Werbung eindecken? Oh nein, bitte! Bitte, keine personalisierte Werbung!

Solltest du dir das bis jetzt immer noch gedacht haben, möchte ich dir dringend raten, QualityLand zu lesen. Zugegeben, Handlung und Figuren sind wenig interessant. Aber es fasst schnell und verständlich zusammen, was man über Algorithmen wissen sollte. Gleichzeitig greift es auch andere Probleme, die uns allen längst bekannt sein sollten (Schokolade, Hasskommentare) auf witzige Art neu auf.

Auch wenn spannende Bücher also eher nicht die Stärke des Autors sind - seinen Humor hat er nach der Känguru-Geschichte nicht verloren.

Und auch nicht den Wunsch, seine Leser ein wenig weitsichtiger zu machen.










… und sich von der Welt fernhalten, Yuki.

Nein, ganz im Ernst, QualityLand beschreibt erstaunlich ausdrucksvoll, was aus all dem Digitalisieren und Datenverkaufen werden kann. Vielleicht gerade, weil es keinen sonderlich guten Ausdruck hat; Auf eine komische, verwunderliche Art und Weise kann ich es dir also empfehlen, wenn auch nicht unbedingt aus Freude am Lesen.

Mit freundlichen Grüßen,
Irving

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