Sonntag, 2. Mai 2021

[Rezension] Wilbur und Charlotte




Titel:
Wilbur und Charlotte
Autor:
E. B. White

Verlag:
Diogenes Taschenbuch Verlag
veröffentlicht:
Zürich 2007
Original:
Charlotte's Web, 1952

ISBN:
978-3-257-23524-1
Seiten:
214
Preis:
8,90€

Grober Inhalt:
Die Geschichte eines kleinen Ferkels, das mithilfe seiner Freunde - der Spinne Charlotte und der Ratte Templeton - seinem Schicksal entkommen muss.
Cover des Buches

Lieber Leser,

Kennst du das, wenn du gerade etwas superkompliziertes für die Schule oder dein Studium oder für die Arbeit lesen musst, und dann am Abend wirklich gar keine Lust hast, noch so etwas Schwieriges zu lesen? Ungefähr so ging es mir, als ich »Wilbur und Charlotte« angefangen habe. Und zugegeben: es war überraschend gut!

… Du hast schon recht, »Wilbur und Charlotte« ist ein Kinderbuch. Und ja, ich bin kein Kind mehr.

Aber es ist ein Kinderbuch von 1950. Das ist etwas ganz anderes als Kinderbücher aus der heutigen Zeit! Nicht mit Prinzessinnen und Einhörnern - hier geht es darum, sein Leben zu retten.

Es beginnt schon damit, dass Wilbur getötet werden soll - noch als Ferkel. Glücklicherweise kann Fern, die Bauerntochter, das gerade so verhindern, und Wilbur darf überleben. Erst einmal, zumindest, denn nach einiger Zeit muss er Ferns Hof verlassen und zieht in einen anderen Stall, wo er als Mastschwein für den Winter gehalten werden soll.

Keine allzu fröhliche Geschichte also, eigentlich. Und trotzdem schafft Wilbur es immer wieder, den Leser zum Lachen zu bringen. Er ist einfach zu niedlich - und dazu noch seine beste Freundin, Charlotte, die ihm immer zur Seite steht. Sie sind einfach unglaublich tolle Hauptfiguren. Obwohl Wilbur ein Schwein und Charlotte eine Spinne ist, und Schweine und Spinnen ja … nicht die beliebtesten Arten im Tierreich sind.

Das finde ich an »Wilbur und Charlotte« auch gerade so wunderbar: dass die Charaktere überhaupt nicht typisch sind. Ich meine, ein Schwein und eine Spinne in den Hauptrollen - zusammen mit der Ratte Templeton -, das hat man nicht so häufig wie eine Katze oder einen Hund oder ein Pferd; abgesehen davon entwickeln sich die Figuren auch sehr schön. Wilbur beispielsweise ist am Anfang noch ein kleines, verängstigtes Ferkel. Am Ende ist er zwar immer noch schüchtern (sonst wäre es ja unrealistisch), aber er ist viel mutiger als noch zu Beginn. Selbst Templeton, die garstige und arrogante Ratte vom Anfang, wird am Ende zugänglich.

Ein weiterer schöner Aspekt an »Wilbur und Charlotte« habe ich auch schon angesprochen: Es ist kein typisches Kinderbuch mit Prinzessinnen und einem Happy End, in dem Feen die Hauptfiguren retten und das Schlimmstmögliche ist, dass jemand die Puppe der Hauptfigur verkauft.

Im Gegenteil, »Wilbur und Charlotte« spricht ernste Themen an, es beschönigt nichts. Manche Figuren sterben im Verlauf des Buches, was der Geschichte teilweise einen sehr traurigen und ernsten Klang gibt.

Trotzdem ist es natürlich für Kinder geschrieben, es ist ja auch ein Kinderbuch. Der fröhliche Teil überwiegt also, und es ist auch nicht brutal oder gruselig. Außerdem gibt es immer wieder kleine Bildchen, und was kann man schon gegen kleine Bildchen sagen?

Ich hoffe, die Bildchen waren nicht der ausschlaggebende Punkt bei deiner Rezension…? Wie auch immer, eigentlich ist das Buch wirklich ganz nett. Jüngeren Lesern wird es sicher gefallen, weil die Figuren so niedlich sind, und Älteren, weil sie den ernsteren Hintergrund verstehen.



Abgesehen davon glaube ich, dass dieses ständige Verharmlosen der Welt gegenüber Kindern auch keine sonderlich gute Idee ist. Natürlich sollten Kinder keine Angst haben; aber haben sie nicht dann später viel mehr Angst, wenn sie das erste mal mit der Wahrheit konfrontiert werden?


Das Buch erinnert mich tatsächlich an die wahren Geschichten hinter denen der Gebrüder Grimm. Vielleicht nicht ganz so grausam, aber trotzdem nicht in einer heilen Friede-Freude-Eierkuchen Welt. Ein Kontrastprogramm auf jeden Fall.



Aus meiner Sicht ist »Wilbur und Charlotte« wirklich ein wunderbares Buch für Kinder - es ist schön geschrieben, nicht allzu kompliziert, aber liebevoll gestaltet, spricht ein paar ernste Themen an und zaubert seinem Leser ein Lächeln auf die Lippen.



Liebe Grüße!
Dein Yuki

Sonntag, 11. April 2021

[Rezension] Serafina - Das Königreich der Drachen




Titel:
Sereafina. Das Königreich der Drachen
Autor:
Rachel Hartman
Übersetzer:
Petra Koob-Pewis
Verlag:
cbj Taschenbuch
veröffentlicht:
München 2014
2. Auflage
Original :
Seraphina, 2012
ISBN:
978-3-570-40249-8
Seiten:
496
Preis:
12,99€

Grober Inhalt:
Die junge Komponistin und Flötenspielerin Serafina steht zwischen zwei Welten, die einander hassen: auf der einen Seite die Menschen, auf der anderen die Drachen.
Cover des Buches
Liebster Leser,

Weißt du, eigentlich mag ich Drachen-Fantasy gar nicht so sehr. Um ganz ehrlich zu sein, eigentlich mag ich Fantasy gar nicht - es endet fast immer blutig. »Das Lied von Eis und Feuer«, zum Beispiel. Oder »Eragon«. Oder »Eona - Die Drachentochter« … der einzige Grund, »Serafina - Das Königreich der Drachen« zu lesen, ist, dass Irving es mir geschenkt hat und ich mich nicht mit ihm streiten wollte…

Oje. Hoffentlich liest er das nicht.

Aber eigentlich ist es gar nicht so schlimm, wenn man sich erst einmal daran gewöhnt hat; zumindest dieses Buch. Ich mag es sogar richtig gern! Es ist auch bei Weitem nicht so brutal wie andere Fantasy-Romane - es fängt zwar schon mit einem abgeschlagenen Kopf an, aber abgesehen davon ist »Serafina - Das Königreich der Drachen« kein sonderlich grausames Buch. Im Gegenteil: Es hat viel mit Musik zu tun. 

Das liegt vor Allem daran, dass Serafina sehr musikalisch ist. Irgendwie spürt sie die Musik - schon seit sie ein Kind ist. Und davor. Serafina erinnert sich an ihre Geburt. Und an das Davor, etwas, an das ich mich noch nicht richtig gewöhnen konnte. Irgendwie wird es nämlich nicht noch einmal aufgegriffen und wirkt am Anfang ziemlich seltsam…

… wie auch immer, als die Geschichte beginnt, ist sie Flötenspielerin am Hofe, und soll auf der Beerdigungsfeier von Prinz Rufus spielen, womit sie alle Anwesenden zum Weinen bringt. Tatsächlich spielt dieses Talent im weiteren Verlauf keine allzu große Rolle mehr, und Serafina gerät zunehmend in das Schema einer hilflosen Protagonistin, die die Hilfe ihres Prinzen braucht.

Aber ich habe ja nichts gegen Romanzen - zumal Prinz Lucian wirklich interessant gestaltet ist, in seiner etwas kühlen und coolen Art. Vielleicht funkt es deshalb trotzdem nicht so richtig; irgendwie kann man nicht ganz mit den beiden mitfühlen. So gern ich dieses Buch auch mag, die Romantik darin ist aus meiner Perspektive nicht so ganz gelungen.

Es ist nun einmal ein Fantasy-Roman. Größtenteils geht es darum, dass sie Intrigen aufdecken müssen und vor Leuten weglaufen. Was jetzt nicht schlecht sein muss! Im Gegenteil, es ist sogar sehr spannend gemacht. Vor Allem aber ist es sehr humorvoll - Serafina versteht sich darauf, den Leser mit findigen Wortverdrehungen auszutricksen und ihm für einen Moment den Atem zu nehmen. Selbst wenn man für Intrigen und Weglauf-Szenen nicht so viel übrig hat, schafft sie es, den Leser in ihren Bann zu ziehen - und manchmal auch zum Lachen zu bringen.

Interessant sind auch die anderen Figuren im Buch - besonders die Halbdrachen. Ich möchte nicht zu viel verraten, aber einige von ihnen haben ein wirklich schweres Schicksal und tun jedem Leser leid. Besonders der kleine Junge am Ende des…

… da sind wir auch schon bei einer wichtigen Sache: Das Buch endet eigentlich gar nicht. Das heißt, doch, es endet schon, aber eben nicht richtig. Es ist ein Mehrteiler, wie viele Fantasy-Romane, und wenn man sich wirklich mit Serafina beschäftigen möchte, sollte man vermutlich alle Teile lesen, denn der erste Band endet relativ offen.

Ich für meinen Teil habe das aber nicht unbedingt vor, das erste Buch war erst einmal genug.

... vorausgesetzt, Irving schenkt mir nicht noch den nächsten Teil...


Was du immer gegen Fantasy hast, Amira! Ich finde, das hier ist ein wirklich tolles Buch, und wenn ich wieder genug Taschengeld habe, kaufe ich mir auf jeden Fall die nächsten Bände. Die Drachen hier sind so toll - ich meine, sie können sich in Menschen verwandeln! Wie cool ist das denn?



Sonderlich originell ist es aber nicht. Das gibt es in jedem zweiten Fantasy-Roman. Generell ist »Serafina« nicht unbedingt etwas Neues. Lediglich die Protagonistin ist wenigstens teilweise besonders...


Mein Favorit ist es auch nicht. Trotzdem, ein paar Punkte kann man dem Buch zugute rechnen: Zum Beispiel, dass die Themen Ausgrenzung und Rassismus sehr gut aufgegriffen werden - und dass man sie hinter der Fantasy-Fassade scharf kritisiert. Was zugegeben aber weder originell noch in irgendeiner Form bemerkenswert ist. Schließlich handelt es sich um Grundsätze unserer Gesellschaft, die eigentlich jeder teilen müsste; es macht das Buch zwar vielleicht etwas interessanter; tiefgründiger wird es dadurch allerdings auch nicht.


Also, wenn du auf der Suche nach einem etwas milderen, romantischeren Fantasy-Roman mit einer neuen Auffassung von Drachen bist, findest du in »Serafina« vielleicht genau das, was du suchst. Abgesehen davon liest es sich leicht und erstaunlich schnell; obwohl es fast 500 Seiten sind.


Liebste Grüße!

Amira